Rudolf Friedli

Der SVP-Gemeinderatskandidat Rudolf Friedli will mehr Unternehmen nach Bern holen. Das Kinderparlament findet er überflüssig. Und er ärgert sich über Stipendien für Kunstschaffende.

SVP-Stadtrat Rudolf Friedli sitzt in seiner Wohnung am Tisch und liest eine Medienmitteilung der Präsidialdirektion der Stadt Bern: «In diesem Jahr gehen die mit je 10'000 Franken dotierten Stipendien an die Berner Autorinnen und Autoren . . . sowie an den Verlag ‹Der gesunde Menschenversand›.» Friedli nervt sich. Dass die Stadt als Hebamme der Künstler auftritt, findet er überflüssig. «Das ist rausgeschmissenes Geld», sagt er. «Wer Künstler sein will, soll sich selber um das Geld kümmern.»

Rausgeschmissenes Geld ist für den Gemeinderatskandidaten und Anwärter aufs Stadtprä­sidium auch, wenn die Stadt ­autofreie Tage durchführt. «Das ist sinnlos und kostet 100'000 Franken.»

«Das kostet unnötig Geld»

Abschaffen würde der 49-jährige Fürsprecher in der kantonalen Gesundheitsdirektion auch das Kinderparlament. «Das kostet unnötig Geld.» Als sich das Kinderparlament 2014 gegen den Gripen-Kauf stellte, meldete sich Rudolf Friedli verärgert in einer Mail: «Das ist eine Sache für Erwachsene und nicht für Kinder, die ohnehin nur von den Linken gesteuert werden.»

Auch er habe Mails erhalten, «von angeblich 12-jährigen Kindern, die aber sehr geschliffen geschrieben haben.» Tatsache sei doch, dass Kinder am Ende der Schulzeit teilweise nicht fehlerfrei schreiben und rechnen könnten. «In den Schulen setzt man heute viel zu viel auf das Experimentieren.»

«Das Kinderparlament kostet unnötig Geld.»

Wohnturm statt Reithalle

Sparpotenzial sieht Friedli ferner im Bereich der Sozialhilfe. «Natürlich braucht es ein minimales soziales Auffangnetz, aber die heutige Sozialhilfe muss gekürzt werden.» Er schlägt Wiedereingliederungsmassnahmen vor, spricht von «Saisonarbeiten von zwei, drei Monaten». Aber da komme von linker Seite gleich der Spruch vom Ausnutzen der Betroffenen. Auch wenn Friedli nicht müde wird, verbale Rundumschläge auszuteilen, ist er kein Polterer. Selbst politische Gegnerinnen und Gegner attestieren ihm, dass er angenehm im Umgang ist und auch gut zuhören kann.

«Wenn man Geld ausgeben will, muss man Geld haben», sagt er. Als Stadtpräsident würde er «möglichst viele Unternehmen nach Bern holen.» Das schaffe Arbeitsplätze, und die Firmen und die Angestellten würden Steuern bezahlen. «Diese Mehreinnahmen können zu einer Steuersenkung führen.» Ansiedeln würde er Firmen beispielsweise in einem Geschäfts- und Wohnturm am Bollwerk, dort, wo heute die Reitschule steht.

Keine Scheu mit dem Geldausgeben hat Rudolf Friedli, wenn es darum geht, die Bauern zu subventionieren. «Das Bäuerliche schwingt bei mir mit», sagt er. Seine Eltern kämen aus der Landwirtschaft. «Ich bin in Münsingen aufgewachsen, und als Bub war mein Vater noch in der Landwirtschaft tätig.» Die Eltern seien in der SVP gewesen. «Zu Hause haben wir aber nie gross politisiert.» Er habe seine politische Karriere auch nie geplant. Vor sechzehn Jahren zog der heutige Parteipräsident SVP Stadt Bern in den Stadtrat. 2013 war er dessen Präsident. Seine grösste Niederlage musste er 2008 einstecken, als er als Stadtrat abgewählt wurde. Ein Jahr später rutschte er allerdings wieder nach.

«Das Bäuerliche schwingt bei mir mit.»

Friedlis Tomaten

Eine nicht ganz glückliche Rolle spielte er Anfang Jahr, als er Stefan Hofer – der mit der Rotlichtvergangenheit – als Gemeinderatskandidaten nominieren liess und über dessen Machenschaften, wie Friedli beteuert, nichts wusste. Friedli liess ihn letztlich doch fallen, was ihm Kritik einbrachte von Hofers Geschäftspartner Reto Amonn. Dieser warf Friedli vor: «In Bern weiss jedes Kind, dass Stefan Hofer vor zehn Jahren bei der Kontaktbar Kleopatra Geschäftsführer war. Entweder hat Friedli kein Internet, oder er hat Tomaten auf den ­Augen.»

Über diese «primitive Aussage» will Friedli heute nicht mehr reden, er habe einfach auf mündliche Aussagen vertraut.

«Ich bin ein Ästhet»

Friedli spricht ruhig, überlegt, ohne Gestik. «Ich will zufrieden sein in meinem Leben», sinniert er. Er wirkt aufgeräumt – wie seine Wohnung im Liebefeld. Es ist keine Bauernstube. Zeitlose Möbelklassiker stehen da, ein Alu­sessel von Eames, ein Tisch von Eileen Grey. Die Bilder an den Wänden – nicht gegenständliche – hat er selbst gemalt. «Ich bin ein Ästhet», sagt der Mann, der immer elegant gekleidet ist.

Durchgestylt ist Friedli auch, wenn er seinem Hobby frönt, dem Töfffahren. Bevor er auf seine rot-weiss-schwarze Yamaha R1 steigt, zieht er den rot-weiss-schwarzen Dress an – dann fährt er los. «Ich fahre nur bei schönem Wetter», sagt er. Seine Lieblingsstrecke: Schwarzenburg–Gantrisch–Riffenmatt.

Bilder: Beat Mathys
Text: Urs Wüthrich
Umsetzung: Claudia Salzmann
Video: Claudia Salzmann

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